Der Beginn der MdE & Die Bestimmung der Rente nach dem Jahresarbeitsverdienst

D. Die Leistungen der Berufsgenossenschaft – Arbeitsunfall & Berufskrankheit

3.5 Der Beginn der MdE

Beim Arbeitsunfall bereitet der Eintritt der MdE grundsätzlich weniger Schwierigkeiten, wenn diese mit dem Eintritt des Arbeitsunfalls zugleich verursacht wird und nach Wegfall der Arbeitsunfähigkeit etwa verbleibt. Bei den Berufskrankheiten, die sich erst Jahrzehnte nach der schädigenden Einwirkung entwickeln, bereitet die Bestimmung des Versicherungsfalls in Form der MdE in der Praxis ganz erhebliche Probleme.

Fall: Der Versicherte, der schon seit Jahren Luftprobleme hat, sucht nunmehr den Arzt auf. Die jetzt gefertigte Röntgenaufnahme erweist einen ausgedehnten Asbestlungenkrebs. Der BG-Gutachter datiert den Versicherungsfall auf das Datum der Röntgenaufnahme.

Tip: Gegen einen dahingehenden Rentenbescheid der Berufsgenossenschaft sollte unbedingt ein Rechtsbehelf erhoben werden.

Hier besteht nämlich die Gefahr, daß der Berufskranke seine Lebzeitenrente (100 % Verletztenrente) deshalb verliert, weil angeblich die MdE erst mit der Krankschreibung einsetzen würde und deshalb nur Verletztengeld zu zahlen wäre. Liegt demgegenüber der Versicherungsfall oder hier der Einritt der MdE zeitlich deutlich vor der Arbeitsunfähigkeits-schreibung, so schuldet die Berufsgenossenschaft zunächst die gegebenenfalls rückwirkende Feststellung der Verletztenvollrente. Bei der dann späteren Krankschreibung, setzt dann unter der Voraussetzung des Lohnverlustes die Verletztengeldzahlung ein. Wie aber machen Sie einer Berufsgenossenschaft oder einem Gericht verständlich, daß das Diagnosedatum ein reines Zufallsdatum ist? Nehmen Sie zum Vergleich die berufliche Lärmschwerhörigkeit. Fällt ein Versicherter mit einer mittel- bis hochgradigen Lärmschwerhörigkeit von etwa 50 % auf, so merkt ein sorgfältiger Berufskrankheitssachbearbeiter in der Praxis am Rande der Versicherungsfallfeststellung von 50 % MdE in der Akte an „Zufallsdatum“ und befragt den beratenden Arzt, ab wann eine MdE von 20 % mutmaßlich eingesetzt hat, ab wann eine solche von 30 % festzustellen ist und wie die MdE weiter gestaffelt werden soll. Bei der beruflichen Lärmschwerhörigkeit können sich die Verschlechterungen in Dreijahressprüngen ergeben haben. Bei einem umfangreichen Asbestlungenkrebs läßt sich durch Befragung der betroffenen Familie und durch Einsatz der ärztlichen Erfahrung durchaus ein früherer Versicherungsfall feststellen als das Diagnosedatum, nämlich beispielsweise der Beginn der Beschwerden.

Frage: Darf die Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit die freie Schadensschätzung in einem solchen Fall verbieten, und zwar trotz der einschlägigen §§ 202 SGG, 287 I ZPO analog, wo in die freie Überzeugungsbildung gestellt wird, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich der Schaden beläuft?

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wendet trotz dieser gesetzlichen Vorgabe den sogenannten Strengbeweis an zu der Frage, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich der Schaden beläuft. Beweiserleichterungen läßt das Bundessozialgericht nur zu in der Zusammenhangsfrage, ob nämlich der Zusammenhang zwischen der im Strengbeweis erwiesenen Einwirkung und der im Strengbeweis festgestellten Asbestkrebserkrankung hinreichend wahrscheinlich sei. Die Frage ist, ob Sie sich mit diesem Strengbeweis abfinden und in einem Fall der Asbestkrebserkrankung bereit sind, die Obduktion abzuwarten, wie es die Berufsgenossenschaft nicht eben selten so hält. Bei Anlegung des Maßstabes einer freien Überzeugungsbildung könnte Ihnen demgegenüber bereits zu Lebzeiten geholfen werden und Sie wüßten im Asbestlungenkrebsfall dann auch Ihre Hinterbliebenen auf der Grundlage der gesetzlichen Vermutung versorgt, daß der Tod bei einem Asbestlungenkrebs als berufskrankheitsbedingt gilt, ausgenommen daß dies offenkundig nicht der Fall wäre.

3.6 Die Bestimmung der Rente nach dem Jahresarbeitsverdienst

Die Verletztenrente wird nach dem Jahresarbeitsverdienst berechnet, den der Verletzte vor Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit erzielt hat, und zwar nach dem Bruttojahresarbeitsverdienst. Zwei Drittel des Bruttojahresarbeitsverdienstes stellen dann die Vollrente dar, die bei einer MdE von 100 % erreicht ist, im Falle also einer Querschnittslähmung, einer völligen Erblindung oder im Berufskrebsfall. Im Prinzip nähert sich die Verletztenrente dem Nettoverdienst an. Eine Besonderheit gilt insofern, als kein konkreter Verdienstausfall nachgewiesen werden muß und der Versicherte auch dann die Verletztenrente erhält, wenn er die gleichen Bezüge nach dem Unfall erhält wie vorher (Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung). Es gibt einen Mindestjahresarbeitsverdienst, der nicht unterschritten werden darf und durch die Satzung etwa bestimmte Höchstjahresarbeitsverdienste, die je nach Berufsgenossenschaft bei DM 132.000.– oder DM 144.000,– oder einem anderen Wert liegen mögen. Der freiwillig versicherte Unternehmer kann die Versicherungssumme bis zum Höchstjahresarbeitsverdienst wählen, was sich in jedem Fall auch empfiehlt.

Tip: In der freiwilligen Unternehmerversicherung immer den Höchstjahresarbeitsverdienst im Versicherungsantrag zugrundelegen.

3.7 Der Jahresarbeitsverdienst nach billigem Ermessen
3.8 Der Vergleichsjahresarbeitsverdienst

Unfälle am Arbeitsplatz